28. November 2014
5. Werkstatt-Bericht: Erreichbar – für Menschen und Waren
Ausgangspunkt der sechsteiligen Veranstaltungsreihe „Werkstatt Basel“ ist das von der Handelskammer beider Basel 2013 für die Wirtschaftsregion publizierte Leitbild. An insgesamt sechs Abenden stellt die Handelskammer gemeinsam mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft und der interessierten Öffentlichkeit die Stärken der regionalen Wirtschaft auf den Prüfstand. Ziel der Werkstatt Basel ist es, Handlungsempfehlungen zur Weiterentwicklung unserer Wirtschaftsregion aufzustellen.
In der fünften Veranstaltung der Werkstatt Basel zum Thema „Erreichbar – für Menschen und Waren“ stand die Region Basel und ihre Verkehrssituation zur Diskussion. Wie gestaltet sich der Verkehr in der Region und wo liegen die Grenzen beim Ausbau der Infrastruktur, damit weder die globale Wettbewerbsfähigkeit, noch die eigene Lebensqualität auf der Strecke bleiben? Das Spannungsfeld zwischen internationaler Erreichbarkeit und regionaler Nachhaltigkeit ist gross, betrifft alle Menschen in unterschiedlichster Form und bleibt wohl auch ein Dauerthema. Was sind unsere Ansprüche an Nachhaltigkeit und was ist die wirtschaftliche Realität, damit die Region attraktiv bleibt? Wo liegt zwischen den beiden Extrema der richtige Weg? Welche Rolle spielt die kanton- und länderübergreifende Koordination?
Diskussion
Wichtige Verkehrsprojekte – auch Schlüsselprojekte genannt – stehen in unserer Region an: das „Herzstück“ («Herzstück Regio-S-Bahn» steht für eine neue, leistungsfähige Verbindung zwischen den drei Bahnhöfen SBB, Badischer Bahnhof und später auch St. Johann; es liegt im «Herzen» der trinationalen S-Bahn zwischen Mulhouse, Freiburg i. Br., Zell i. W., Waldshut, Laufenburg, Frick, Olten und Delémont) sowie der „Rheintunnel“ (unterirdischer Ausbau der Osttangente). Speziell unsere täglichen, Abertausenden von Pendlern profitierten vom Herzstück, aber auch die städtische Bevölkerung. Das Herzstück würde ein Quantensprung bedeuten, verglichen mit der heutigen Situation mit überfüllten Trams, vor allem zu Stosszeiten. Was die öffentlichen Verkehrsmittel insgesamt betrifft, ist Zürich einiges besser positioniert als Basel, das in der Entwicklung mindestens 25 Jahre hinterherhinkt. Die grosse Frage der Finanzierung wird zu lange diskutiert – als bestes Beispiel dient hier der Bahnanschluss zum EuroAirport, über den schon seit 30 Jahren gestritten wird. Verkehrsprojekte verlangen nicht nur Mut zur Vision, sondern auch Weitsicht und Entschlossenheit. Die Regio-S-Bahn transportiert Menschen, der Rheintunnel steht vor allem für den Transitverkehr, und die Frage bleibt, welcher Verkehrsweg für den Warentransport steht. Auf der anderen Seite will die Basler Bevölkerung eine Reduktion des Individualverkehrs, um die Umweltbelastung (CO2-Ausstoss) zu reduzieren. Da die Mobilität zunimmt, sollte sie eigentlich auch etwas kosten. Sie hat also einen Preis, denn das „Gut“ Verkehr ist knapp, wie die täglichen Staumeldungen zeigen. Der Preis könnte einen Anreiz schaffen, dass die unterschiedlichen Verkehrsmittel entsprechend genutzt werden. Der Ertrag einer „City Maut“ (= Erhebung von Gebühren für die Nutzung innerstädtischer Verkehrsinfrastruktur durch den motorisierten Individualverkehr) beispielsweise kann auch einen Nutzen für andere städtische Projekte generieren. Es ist nicht die Kapazität, es ist die Verteilung des Verkehrs, die Sorge bereitet. Es sind die Verkehrsmodelle wie auch die Arbeitsmodelle, die in all diese Überlegungen einbezogen werden müssen. Auch das „Mobility Pricing“ (jeder gefahrene Meter wird berappt) kann ein Anreiz sein, das Verkehrsaufkommen besser zu steuern. Aber auch in der Raumentwicklung wurden Fehler gemacht, wie die Ablehnung des Stimmvolkes vor kurzem zur Stadtrandentwicklung zeigt. Jedoch gibt es keine Patentlösungen für das Zusammenspiel von Arbeitsplatz, Wohnen und Freizeit. Bei der Verkehrsplanung nicht zu vergessen sind die Gewerbeflächen. Konkret sind folgende Projekte zügig anzupacken: Margarethenstich und das Hafenbecken 3. Und es ist schnell eine Lösung betreffend den Pendlerverlehr aus dem Elsass zu suchen.
Handlungsempfehlungen und Gewichtung
Folgende Handlungsempfehlungen wurden durch die Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik sowie durch das Publikum formuliert und durch ein E-Voting gewichtet:
1. Das Herzstück Regio:S-Bahn, ein Schlüsselprojekt für die Region Basel, ist zu realisieren.
78,8% JA /21,2% NEIN
2. Der Rheintunnel ist zu realisieren.
78,5% JA / 21,5% NEIN
3. Die Steuerung des Verkehrs über den Preis soll weiterverfolgt werden.
67,9% JA / 32,1% NEIN
4. Das U-Abo muss ausdifferenziert werden.
61,0% JA / 39,0% NEIN
5. Der Rhein muss besser als (Güter-) Transportweg genutzt werden, um die Strasse zu entlasten.
68,4% JA / 31,6% NEIN
Fazit
Das Publikum entschied bei allen der fünf formulierten Handlungsempfehlungen mit klaren Mehrheiten, die sich zwischen 61 und knapp 90 Prozent Zustimmung bewegten. Dass die Region Basel ihre Schlüsselprojekte wie Rheintunnel und Herzstück schnell möglichst zur Umsetzung bringen soll scheint unbestritten. Auch machen diese Voten sowie die Diskussion im Panel wie auch die Bemerkungen aus dem Backing deutlich, dass ein gut geregelter Verkehr (wie Verkehrsfluss und Verkehrsanbindung) Wesentliches zur Lebensqualität in unserer Region beitragen.
Hinweis: Die Handlungsempfehlungen aus allen sechs Werkstätten werden den Entscheidungsträgern der Region übermittelt und der Öffentlichkeit kommuniziert.
Lesen Sie im Werkstatt-Bericht den SMS-Input des Publikums nach. (siehe Download)
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